Alanis Morissette
"Unplugged"
Ein Kammermusik-Abend in New York- auf Platte nicht so begeisternd
**
Für besonders große Stars scheint es ein ganz
besonders großes Vergnügen zu sein, ausnahmsweise wieder mal
in ganz kleinem Kreise ihre Kunst zum Besten zu geben. Das hat dann so
gerade noch die Atmosphäre vom Hauskonzert vorm heimischen Kamin,
nur für Freunde sozusagen. Dafür aber mit so ausgeschlafener
Technik, das der Begriff "unplugged" fast unbemerkt ad absudrum geführt
wird. Nun also Miss Morissette mal nicht in Riesenarenen, sondern direkt,
intim und so pur, wie es ihr nach den indischen Reiseerlebnissen entspricht.
Das klingt dann auf den ersten Laut kammermusikaliscch auch sehr hübsch,
wären da nur nicht all diese dummen eingestöpselten Mikrofone.
Alanis, die tapfere Triathlon- Kämpferin, wäre
gut beraten gewesen, wenn sie sich der Produzentenhilfe bedient hätte.
Stattdessen dieser Parforceritt einer begabten Musikantin, die auch den
Sound in die Hand nimmt. Das zahlreiche Ensemble von Streichern, Band und
Solisten klingt wie ein zufälliges Puzzle, nicht wirklich zusammengefügt.
Und Alanis selbst singt, wie wir sie kennen und schätzen, so als gäbe
sie wie immer alles- aber eben für Abertausende und nicht für
ein paar Auserwählte. Ihr Mikrofon ploppt bei den leisen Tönen,
der Wechsel von Kopf- zu Bruststimme verrrutscht manchmal. Dafür sind
ihre berühmten Kiekser angenehm zurückhaltend. Etwas weniger
mantra- ähnliches Lalala und Nanana hätte mehr Fülle gebracht,
und alle Songs hätten so klingen sollen wie ihr Police- Cover "King
Of Pain". Wie bei so mancher Sinnsucherin hat die Reise nach Indien, die
Entdeckung des Spirituellen wie des einfachen Lebens ( das man lieber temporär
nachstellt als lebt) die Tantenhaftigkeit der Morissette beflügelt.
Statt wie ehedem ihre Liebhaber zu verfluchen, dankt Alanis heute leiernd
Indien. Unplugged bringt sie allerdings adäquate Klopfer wie "ironic"
zu Gehör, die ganz bequem zu klampfen sind.
Zweifellos war dieser September- Abend für die offenbar
hingerissenen Gäste in der Brooklyn Acedemy Of Music ein klasse Erlebnis.
Alles glaubhaft, aufrichtig und gut gemeint. Leider können wir Daheimgebliebenen
das nicht so ganz nachvollziehen.